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13.05.2015
Kategorie: Info

Natura2000 in Gefahr


Natura2000 in Gefahr

NATURA 2000 nicht aushöhlen!

Das europäische Schutzgebietskonzept NATURA 2000 wirkt. Seit über 20 Jahre existiert inzwischen dieses Instrument, das für ganz Europa ein funktionierendes und wissenschaftlich begründetes Netzwerk besonders schützenswerter Arten und Lebensräume auf ca. 20 % der Fläche Europas erschaffen hat. Damit ist NATURA 2000 das größte Schutzgebietsnetz weltweit und eine Erfolgsstory für den Artenschutz. Einige Arten, wie z.B. die Wildkatze, der Kranich und andere Vogelarten konnten auf Grund der NATURA 2000 Gebiete ein Comeback feiern. In Naturschützerinnen und Naturschützer hat NATURA 2000 Liebhaber gefunden, aber auch in Planungsbehörden und der Industrie stoßen die Naturschutzrichtlinien (FFH – und Vogelschutzrichtlinie) mittlerweile auf eine breite Akzeptanz. Schließlich tragen sie nach über 20 Jahren Anwendung und in Gerichtsverfahren erprobten Rechtsauslegungen zur Planungssicherheit bei. Das NATURA 2000 Schutzgebietsnetzwerk ist ein wichtiger Pfeiler in dem langen Weg hin zu einem guten Zustand der Natur. Dieser Pfeiler ist nun aber kräftig ins Wanken geraten.

 



Aus der EU sind besorgniserregende Töne zu hören. Die Juncker-Kommission, die gerne mit ihrem Investitionsprogramm hausieren geht, hat das Credo ausgerufen, die Naturschutzrichtlinien „modernisieren“ zu wollen. Damit ist nichts anderes gemeint, als den Naturschutz zu schleifen und 20 Jahre erfolgreiche Naturschutzpolitik zunichte zu machen. Unter dem Deckmantel  „FitnessCheck“ wird hier die Abrissbirne gegen den Naturschutz geschwungen und wir laufen Gefahr, das größte Schutzgebietsnetzwerk aufs Spiel zu setzen. Dabei zeigen alle Berichte, dass die Lage der Natur kritisch bleibt und es eine Umsetzungsoffensive statt einer Abrissbirne für den Naturschutz benötigt. Dazu gehört, dass als NATURA 2000 ausgewiesene Flächen endlich rechtlich geschützt werden und geeignete Managementmaßnahmen erarbeitet werden, damit die Schutzziele zum Erhalt der bedrohten Arten und Lebensräume auch erreicht werden können. Dies ist bisher noch unzureichend erfolgt. Deshalb leitete die EU-Kommission erst kürzlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, weil es in der Umsetzung der FFH-Richtlinie seit langem säumig ist. Damit droht Deutschland eine Klage der EU vor dem Europäischen Gerichtshof. Konkret: weil nicht ausreichend Schutzgebiete ausgewiesen wurden und weil ausgewiesene Schutzgebiete nicht mit individuellen Managementplänen bedacht werden. Dabei ist die EU nicht etwa streng. Die Frist lief bereits 2010 aus. NATURA 2000 Gebiete brauchen klar formulierte Schutzziele und Managementpläne als Handlungsleitfaden für Grundbesitzer und Nutzer sowie für die öffentlichen Verwaltungen, um Nutzungen zu regeln und in Einklang mit der Pflege der Schutzgebiete zu ermöglichen.

 



Größte Bremser für den Naturschutz sind vielerorts Landwirte und andere Nutzer der Natur. Tatsächlich ist intensive Landwirtschaft in FFH- und Vogelschutzgebieten schwer. Aber in sensiblen Naturräumen sollte diese Form der Landwirtschaft sowieso tabu sein. Der Bauernverband dagegen schürt Vorbehalte, Ängste und ist einer der größten Anti-Naturschutzlobbyisten. Vielen Mitgliedern ist diese Verbandspolitik leider überhaupt nicht bewusst. Und natürlich bemühen auch andere Investoren das Bild, dass Naturschutz Arbeitsplätze verhindert und arbeiten sich gern auch am europäischen Schutzgebietskonzept NATURA 2000 ab.

Daher ist es nun wichtig, dass der Fitness Check nicht etwa Naturschutzrichtlinien abbaut, sondern sich darauf konzentriert, die Umsetzungsdefizite in den Ländern zu benennen und Sofortmaßnahmen zur Abhilfe zu entwickeln.  

 



Wir können nicht zulassen, dass dieses System nur noch Makulatur ist. Ohne Biss, ohne Anspruch. Für die europäische Öffentlichkeit bietet sich derzeit die Gelegenheit, sich einzumischen. Mit einer Behördenbeteiligung Anfang dieses Jahres begann der Fitnesscheck. Im Mai startete die zweite Phase: die Öffentlichkeitsbeteiligung in Form einer Online-Konsultation. Bis zum 12. Juli können sich alle bewegten Bürgerinnen und Bürger in Europa zu diesem Vorhaben äußern. Zum Schutz ihres FFH-Gebietes oder Vogelschutzgebietes vor Ort, zu den Entwicklungsmöglichkeiten durch eine lebendige Natur, zum Aufbrechen eines Erfolgskonzeptes NATURA 2000, zum Verrat an der europäischen Idee. Wir wollen ein europäisches Naturschutzkonzept, das auch in Zukunft wirkt. Und wir wollen unser Netzwerk von NaturaTrails in die NATURA 2000-Gebiete weiterentwickeln, nicht aushöhlen lassen.

In einer abschließenden Phase voraussichtlich im kommenden Jahr wird über die Zukunft des europäischen Naturschutzes in der EU-Kommission und im EU-Parlament beraten und entschieden. Unsere klare Positionierung sollte dafür eine gute Entscheidungshilfe sein.

 

Rüdiger Herzog, Fachreferat Partizipation und Planungsrecht

 

 

Verdacht: Das europäische Naturschutzrecht soll geschliffen werden.

 

Aufruf an alle Naturschützer und dem Naturschutz verbundene Organisationen in Deutschland (PDF)

 

Anhang I: Vorlage/Empfehlungen zum Ausfüllen des vollständigen Fragekatalogs der EU-Kommission (PDF)

 

Anhang II: Standpunkte zum Fitness Check (PDF)

 

Hier können Sie den Frageborgen fertig ausgefüllt als Petition unterschreiben.

 

Bukower Aufruf