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01.02.2016
Kategorie: Info

BVerwG: Planfeststellungsbeschluss zur “Uckermarkleitung” rechtswidrig und nicht vollziehbar

Der Planfeststellungsbeschluss für die 380kV-Freileitung durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und drei europäische Vogelschutzgebiete ist “rechtswidrig und nicht vollziehbar”. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und in dem seit mehr als sieben Jahren andauernden Konflikt eine wichtige Zäsur gesetzt. Der Protest gegen die Freileitung wird auch von den NaturFreunden in der Region mitgetragen.   Gescheitert sind der Netzbetreiber 50Hertz und das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) am Vogelschutz. 50 Hertz hatte der Genehmigungsbehörde vorgegaukelt, den Vogelschutz in den hochsensiblen Gebieten beachtet zu haben. Die Einreden von Martin Flade, den die Bürgerinitiative "Biosphäre unter Strom - keine Freileitung durchs Reservat" um gutachterliche Stellungnahmen gebeten hatte, sind immer wieder von der Genehmigungsbehörde vom Tisch gewischt worden. Diese Ignoranz wurde vom Gericht jetzt abgestraft. 50 Hertz muss nun entweder nachweisen, das die 380kV-Freileitung mit den Belangen des Vogelschutzes in Einklang zu bringen ist - das wäre die Quadratur des Kreises. Oder der Netzbetreiber muss eine Abweichungsverfahren beantragen. In diesem Verfahren müßte 50 Hertz den Nachweis liefern, dass es keine Alternative zur Querung der Vogelschutzgebiete gibt - ein Nachweis, der wohl kaum gerichtsfest zu erbringen sein wird. Dabei wäre die Lösung ganz einfach; bei der Querung der sensiblen Vogelschutzgebiete den Einsatz von Erdkabeln zu beantragen. Aber davon will man bei 50 Hertz nichts wissen.


Logo der Bürgerinitiative Trassen frei

 

Bundesverwaltungsgericht: Rückbau der bestehenden Leitung anzurechnen war falsch


In einer Pressemitteilung fasst das Bundesverwaltungsgericht die Gründe zusammen, warum der Planfeststellungsbeschluss des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe zur Uckermarkleitung rechtswidrig war. Demnach war die Verträglichkeitsstudie unzureichend, auf die das Amt seine Annahme stützte, dass von der Leitung keine erheblichen Beeinträchtigungen der Vogelschutzgebiete ausginge.

Außerdem sei es unzulässig gewesen, den Rückbau der bestehenden 220-kV-Freileitung als schadensmindernde Maßnahme anzunehmen, so das Gericht.

 Diese Mängel führten aber nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Das Gericht stellte jedoch die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Beschlusses fest. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Klage des NABU-Brandenburg und zweier Privatkläger gegen den im Sommer 2014 ergangenen Planfeststellungsbeschluss ist heute verkündet worden: "Rechtswidrig und nicht vollziehbar" lautet das Urteil des Gerichts, das über dieses Leitungsvorhaben aus dem Energieleitungsausbaugesetz in erster und letzter Instanz zu urteilen hatte.

Dem am Ende der mündlichen Verhandlung am 2.12.2015 gestellten Antrag von 50 Hertz, die südliche Hälfte der 115 km langen Trasse, die Strecke von Neuenhagen bis Golzow, aus der Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungs-beschlusses auszuklammern, so dass hier schon mal gebaut werden könnte, während die Arbeiten an einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung in Angriff genommen werden, um die Rechtsfehler der Planung auf der nördlichen Hälfte zu beseitigen, ist das Gericht nicht gefolgt.

Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die Genehmigungsbehörde, die eine von 50 Hertz vorgelegte rechtswidrige Planung genehmigt hat, obwohl im Planfeststellungsverfahren auf die Verletzung des gesetzlichen Vogelschutzes von kompetenter Seite wiederholt hingewiesen worden ist. Die Einwände und Warnungen unseres Experten Dr. Martin Flade wurden einfach vom Tisch gewischt. Damit hat das Landesbergamt dem Vorhabenträger einen Bärendienst erwiesen, denn er hat jetzt eine “Baugenehmigung”, die er nicht umsetzen kann, weil sie rechtswidrig ist.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beendet zwar nicht den Konflikt, der ins achte Jahr geht, setzt aber eine wichtige Zäsur.

Die Bürgerinitiative appelliert an 50 Hertz, die Chance, die das Urteil bietet, zu nutzen und die fehlerhafte Planung zu überdenken und eine sozial- und umweltverträgliche Lösung anzustreben.


 21.1.2016
Hartmut Lindner, Sprecher der Bürgerinitiative
Biosphäre unter Strom - keine Freileitung durchs Reservat!  und Mitglied der NaturFreunde Oberbarnim-Oderland

Website der Bürgerinitiative

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts